Streit um Jugendtreff im Bauwagen

Ein Bericht aus der Berliner Morgenpost vom 15.07.98



Land hält Einrichtung für illegal und droht der Gemeinde Golzow Zwangsgeld an


Foto: Gurlt
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Ihr ganzer Stolz: Phillipp Maneck, Matthias Rosenmüller und Mariano Höpfner (15) vor ihrem Bauwagen, der innen richtig gemütlich ist. Matthias (r) im Schaukelstuhl.  Foto: Gurlt


Von Lothar Rölleke

BM Golzow - Ein ausgedienter Bauwagen aus DDR-Zeiten sorgt derzeit in Golzow (Potsdam-Mittelmark) für Streit unter den Einwohnern, und die Mühlen der Bürokratie laufen sich heiß.

Hintergrund: Der Wagen wird seit April vergangenen Jahres als Jugendtreffpunkt genutzt, mit Zustimmung des Grundstücksbesitzers, der Eltern und der Gemeindevertretung. Das Landratsamt hält die Nutzung allerdings für illegal, fordert die Schließung bis zum 31. Juli und droht der Gemeinde mit 2.500 Mark Zwangsgeld.

"Das ist unmöglich", schimpft der 71jährige Karl Rosenmüller. "So kleinkariert können wirklich nur eingefleischte Bürokraten denken."
Er selbst hatte seinen Enkel Matthias und dessen Freunde unterstützt, als sie den Wagen für 600 Mark in Ketzin kauften und nach Golzow holen ließen.

Auch andere Eltern und Großeltern legten ein paar Mark dazu, freuten sich über die Initiative der Jugendlichen. Sie spendierten Möbel und Farbe, und auch der Strom für Fernsehgerät, Radio und Kaffeemaschine kommt aus einem Elternhaus.

Bis April ging alles gut, ehe sich Mitbürger Günter B. beim zuständigen Ordnungsamt in Lehnin beschwerte. Der Wagen störte seine "Sichtachse" (obwohl er 250 Meter entfernt steht) und sei bestimmt nicht genehmigt. Das Amt und auch die Untere Bauaufsichtsbehörde in der Kreisstadt Belzig prüften den Fall; die Baubehörde erließ daraufhin am 12. Juni eine "Beseitigungsanordnung".

Der Wagen ist "seit seiner Errichtung materiell baurechtswidrig", heißt es darin. Für eine dauerhafte Aufstellung müsse ein Bauantrag gestellt werden; außerdem fehle die Erschließung, wie beispielsweise Toiletten. Für die Schüler Phillipp Maneck und Matthias Rosenmüller (beide 15) ist das kein Argument:"Wer aufs Klo muß, hat es nicht weit nach Hause."

Auch Bürgermeister Dr. Reinhard Mahlow und die Gemeindevertretung halten die Argumente für "an den Haaren herbeigezogen". Einmütig votierten sie am 8. Juli gegen die Anordnung, und das Amt Lehnin legte in ihrem Auftrag Widerspruch ein.

"Unser Dorf kann sich leider keinen Jugendklub leisten", erklärt der Bürgermeister. "Deshalb sollte sich der Landkreis mit uns freuen, wenn sich Jugendliche hier selbst etwas einfallen lassen".

Kreisbaudezernent Rolf-Hermann Löhr will in dieser Sache allerdings hart bleiben und pocht auf die Brandenburgische Bauordnung. "Ausnahmen kann es hier nicht geben" erkläre er.




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