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AUSGABE: Februar 2004

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Rubrik: STUFF

KOLUMNE: Ernst und Locker

"Ernst und locker", was schreibe ich am Besten dazu? Vielleicht etwas über Dinge, die man ernst zu nehmen hat.


Es gibt Dinge, die nehmen manche Leute sehr ernst. Da darf nicht darüber gelacht werden. Man darf sie auch nicht kritisch hinterfragen oder sich heiter-ironisch mit ihnen beschäftigen. Das sind dann Situationen, wo das Lästermaul in mir erwacht, das Mundwerk loser wird. Manchmal auch mehr als es gut ist. Da kommt eben doch hin und wieder noch die Respektlosigkeit des Punk in mir durch.

Apropos Punk, da habe ich mir schon das passende Stichwort gegeben. Punkbands treten meist in Jugendzentren auf, einige davon sind selbstverwaltet. In solchen Einrichtungen verkehrt meist ein linkes Publikum. Und einige dieser Linken sind ideologisch meist sehr verbohrt. Alles muss in ihr scheinbar unverrückbares linkes Weltbild passen. Sie wollen gegen Spießer sein und bauen sich doch nur eine andere "Spießerwelt" auf. Da ich gerne Dinge kritisch hinterfrage (ich erlaube mir eben den Luxus einer eigenen Meinung), bin ich schon einmal mit solchen "150% korrekten" Linken an einander gestoßen.

Wenn Menschen verbissen an Ideen festhalten und keine Kritik zulassen, kann ich eben meinen Mund nicht halten. Da erwacht dann das Lästermaul in mir und teils bitterböse Ironie kommt über meine Lippen. Und so etwas können einige Linke wohl nicht vertragen. Karl Marx, Rosa Luxemburg, Che Guevara sind doch keine unfehlbaren Götter, die die universelle Wahrheit gepachtet haben. Auch wenn ich den eben genannten Personen durchaus etwas abgewinnen kann, so kann ich nicht blind ihre Ideen übernehmen.

Im linken Lager gibt es auch so gewisse Kleidervorschriften, z.B. Schlabberklamotten und Palästinensertuch. Selbstverständlich darf alles nicht neu aussehen. Die Jeans kann durchaus löchrig und ausgewaschen sein. Second-Hand-Look ist ebenfalls kein Problem. Aber wehe man trägt nicht die "linke Uniform", sondern "bürgerliche Kleidung" wie ein Sakko. Frevel. Wie kann man nur? Willst du provozieren oder was?

Genau dies ist einem Bekannten passiert, er hatte es gewagt, mit einem (nicht ganz neuen) Sakko in das Autonome Zentrum zu gehen. Dabei wurde er als Spießer angepöbelt. Da frage ich mich nur, wer hier der Spießer ist. Denn besagter Bekannter ist auch eher unkonventionell und alles andere als ein Spießer. So etwas ähnliches passierte mir bei einem Punkkonzert. Es ging zwar nicht um Kleidung sondern um ein anderes Reizthema für super korrekte Linke, Nazis. Weil ich nicht allen platten Parolen folgen wollte, stempelte mich ein anderer Konzertbesucher zum Spießer ab.

Autor: mohan
Erstellt am: 2004-01-26



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