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BUCHTIPP: MARTIN SUTER: LILA, LILA lookout: 2004-10-17

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"Es wurde ein Strandbadnachmittag wie in Maries Kindheit. Sie lagen auf bunten Frottiertüchern abwechselnd in der prallen Sonne und im Schatten der noch zartgrünen Weide, schmierten sich die weißen Rücken länger als nötig mit Sonnencreme ein, aßen Nussgipfel vom Kiosk, tranken lauwarme Sinalcos und hörten mit halbgeschlossenen Augen dem Durcheinander der Stimmen und Kofferradios zu. Auf dem See zogen kleine Boote ihre Furchen und am Himmel kleine Flugzeuge ihre Kondensstreifen. "Woran denkst du?", fragte Marie."


"Lila, Lila ist die Geschichte einer ersten Liebe. Sie spielt in den fünfziger Jahren, als Familie, Staat und Gesellschaft noch Macht über die Liebe eines jungen Paares besaßen und ausübten. Der zwanzigjährige Peter verliebt sich in die erst sechzehnjährige Lila (= Sophie). Ihre Eltern sind gegen die Beziehung und stecken Lila in ein Mädchenpensionat. Mit aufwühlender Unmittelbarkeit schildert David Kern den Trennungsschmerz aus der Sicht des verzweifelten Peter. Er spiegelt sich in beengenden Stimmungsbildern aus den repressiven fünfziger Jahren und bewegenden Liebesbriefen. Als Lila endlich aus dem Pensionat zurückkommt, ist sie nicht mehr dieselbe. Die Geschichte von Peter und Lila nimmt eine neue Wende. "Lieber Gott", beginnt der Autor seinen Erstling, "lass sie nicht traurig enden." "

Agatha Christie habe ich in der Bibliothek entdeckt, Martin Suter auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse, wo er mit seinem neuen Roman "Lila, Lila" für Furore sorgte und mehrere Wochen danach einen Platz in den Top Ten der Bestsellerliste einnahm.

Vor allem die menschliche Psyche spielt in den Werken des Schweizer Schriftstellers eine große Rolle, wodurch eine romantische oder auch tragische Liebesgeschichte oft wie ein regelrechter Psycho-Thriller endet. Wie auch in "Lila, Lila", die Geschichte um den 23-jährigen David, der mit Kellnern seinen Lebensunterhalt verdient und ansonsten nichts zu tun hat.

Ein paar Bekannte hat er und eine große Liebe, Marie, die für ihn, dem Unscheinbaren im Hintergrund, unerreichbar bleibt – bis zu jenem verhängnisvollen Zeitpunkt, als David in einem alten Nachttisch, den er im Antiquariat erworben hat, das Manuskript einer "traurig schönen" Liebesgeschichte, vergilbt und scheinbar längst vergessen, entdeckt und in der er sein eigenes Schicksal, die unerfüllte Liebe, wiederzuerkennen vermag. David ist begeistert von "Sophie, Sophie" und erklärt den unbekannten Autor Alfred Duster kurzerhand zu einem durchaus genialen Schriftsteller. Doch wer ist dieser Mann, der das Schicksal zweier Liebenden in den 50erJahren so einfühlsam schildert? Dass er sich wie sein Protagonist letztendlich das Leben genommen hat, wird für David immer wahrscheinlicher. Denn niemand weiß etwas über das Leben des Alfred Duster.



Kurzerhand lässt David das Manuskript auf neuem Papier erstrahlen, setzt seinen Namen darunter und gibt es Marie zu lesen um ihre Reaktion abzuwarten. Zu spät bereut er seinen Betrug, sich als Autor auszugeben und kann sich nicht freuen, als Marie regelrecht in Begeisterung ausbricht – und seine Geliebte wird.

"David war unsicher in Gegenwart von Frauen, die ihm gefielen. Er sah sich dann mit ihren Augen. Seine Hände und Füße wurden zu groß, wie bei einem jungen Hund. Seine Ohren begannen abzustehen, und der Haaransatz zog sich zurück. Er spürte seinen Schnurrbart, seine Koteletten, seine Fliege, sein Kinnbärtchen, seinen Fünftagebart, also die gerade aktuelle seiner häufig wechselnden Barttrachten. Und beim Sprechen hatte er das Gefühl, seine Lippen würden dick. Bei Frauen, die ihm nicht gefielen, passierte ihm das nicht. Deswegen bestand sein Liebesleben aus einer langen Reihe von kürzeren Affären mit Frauen, die ihm nicht gefielen. Und ein paar wenigen unerfüllten Liebesgeschichten mit solchen, die er anbetete.

Marie sah aus, als könnte sie zu einer dritten Kategorie gehören. Einer, der er noch nie begegnet war."


Doch von Zweifeln geplagt, bleibt er in sich gekehrt, selbst als "Lila, Lila" an einen Verlag geht und David der neue Star der Literatur wird.

Auf Lesereisen durch kleinere Buchläden folgen Interviews mit großen Zeitungen und umjubelte Auftritte auf der Frankfurter Buchmesse. Jeder will David Kern sehen, jeder will ihn hören und jeder will ein Autogramm von ihm, wie auch ein alter Mann – Alfred Duster.

David sieht sich gezwungen, die Wahrheit ans Licht zu bringen, doch vor allem Marie will er nicht enttäuschen, aus Stolz und aus Liebe. In dieser Hinsicht zeigt sich sein neuer Weggefährte Alfred Duster, der sich Jacky Stocker nennt, äußerst loyal und erspart David den abrupten Untergang und das Ende seiner Karriere – unter einer Bedingung: Jacky bleibt an Davids Seite und wird von nun an seine Karriere bestimmen – und sein Leben einnehmen. Für wie lange?

Zwei Liebesgeschichten um Liebe, Tod und Verrat versprechen Spannung von der ersten bis zur letzten Seite, kurzweilig und präzise erzählt von einem der im Moment "besten deutschsprachigen Autoren" (ZDF). Und nebenbei gibt Suter noch interessante Einblicke in das Wesen der Buch- und Verlagsbranche. Literatur lebt und "Lila, Lila" ist mittendrin!

Gastartikel von unserem Partnermagazin "net-thinkers" www.net-thinkers.de


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